Liebe Leserinnen und Leser,
nach einem halben Jahr ‚coronabedingter‘ Pause halten Sie wieder eine Ausgabe unserer Pfarrnachrichten in den Händen. Seit Mitte März hat sich vieles verändert. Das private, öffentliche und auch kirchliche Leben in unserem Land, in Europa und der ganzen Welt ist kaum wiederzuerkennen. Vieles ist zum Erliegen gekommen, einiges lebt vorsichtig wieder auf, anderes ist wohl auch auf längere Sicht immer noch nicht möglich.
Das hat auch uns als Pfarrgemeinde voll erwischt. Wer hätte sich vor einem halben Jahr vorstellen können, dass wir in Gefahr sind, uns aus den Augen zu verlieren? Die drei ‚Grundvollzüge‘ von christlichem und kirchlichem Leben: „Martyria“ (Verkündigung/Bezeugung des Glaubens) „Liturgia“ (Gottesdienst) und „Diakonia“ (Dienst am Nächsten/Notleidenden) waren und sind nicht in gewohntem Umfang lebbar. So beklagen wir zu Recht und besorgt einen großen Verlust, der uns allen nicht gut tut.
Andererseits wurden in den vergangenen Wochen und Monaten viele Potentiale und jede Menge Kreativität frei gesetzt. Ein Gebetsnetz, das sich mit abendlichem Glockengeläut über unsere Stadt gespannt hat und in dem sich viele ein Stück getragen gefühlt haben. Impulse und Gottesdienste über Internet, Fernsehen und Radio, bei denen viele Stärkung fanden. Telefonate und kleine Zeichen der Verbundenheit, die zumindest etwas Gemeinschaft stifteten. Kontakte und Beratung in unseren Gremien unter Corona-Bedingungen oder mit Videokonferenzen, um wenigsten das Notwendigste zu schaffen. Die große Herausforderung, unter sich immer wieder ändernden Bedingungen Gottesdienste zu feiern. Eine wahrhaft gewaltige Arbeit in Vorbereitung und Durchführung.
Dafür bin ich Ihnen und Euch allen sehr dankbar und froh, dass wir mit Ausdauer, Kraft und Fantasie das Mögliche erreichen konnten. Für mich klingt in all unserem Bemühen das Wort Jesu mit, das er an seine Jünger bei der wunderbaren Brotvermehrung richtet: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Mt 14, 16b). Danke für dieses Zeugnis an alle, die in unserer Pfarrei Verantwortung tragen und mittun!
In den vergangenen Monaten hat mit mir zusammen unsere Verwaltungsleiterin Anneliese Rakowski, Manuel Gatz für den Pfarrgemeinderat und Norbert Wortberg für den Kirchenvorstand den Krisenstab gebildet. Hier liefen quasi die Fäden aller Gremien zusammen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für unsere Pfarrei immer wieder neu festzulegen und weiterzuentwickeln. Danke für die enge Zusammenarbeit und das hohe Arbeitspensum!
In dieser Ausgabe unseres Pfarrbriefes finden Sie aktuelle Informationen zu einigen wichtigen Gruppen und Bereichen, die besonders von den Corona-Einschränkungen betroffen sind. Dazu gehören etwa unsere Erstkommunionkinder und die Jugendlichen, die sich auf das Sakrament der Firmung vorbereiten. Im Pastoralteam und Pfarrgemeinderat wurde einmütig beschlossen, dass in der nächsten Zeit die Feier und Spendung der Sakramente Vorrang haben. Das führt dann auch ganz konkret dazu, dass wir unsere gewohnte Gottesdienstordnung sonn- und werktags zunächst noch nicht wieder anwenden können.
Eigentlich sollte dies als Vorwort reichen. Ich wollte mich nach der erzwungenen Pfarrbriefpause zurückmelden, wollte etwas erklären und vor allem wollte ich danken.
Nun muss ich aber doch noch ein weiteres Thema ansprechen.
Sie haben vielleicht von dem Schreiben aus Rom gehört, das den komplizierten Titel trägt:
„Instruktion der Kongregation für den Klerus: Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“[1].
Dieses römische Schreiben hat in weiten Kreisen der Kirche Deutschlands Irritation, Kritik, Ärger und Ablehnung hervorgerufen. Bischof Dr.Overbeck, viele seiner Amtsbrüder, Theologen, Seelsorgende, Vertreter kirchlicher Verbände und Gruppen u.v.m. haben verschiedene Aussagen und Positionen der Instruktion als wirklichkeitsfremd und realitätsfern qualifiziert. Meines Erachtens ist dieser Vorwurf völlig berechtigt, denn hier wird ein Bild von ‚Pfarrei‘ gezeichnet, das absolut klerikerzentriert ist. Es wird letztlich viel zu sehr vom Priester, sprich Pfarrer, aus gedacht und gesprochen. Einer solchen Position muss klar und unmissverständlich widersprochen sein und sie muss zurückgewiesen werden. Es ist nicht unserer Wirklichkeit als Pfarrei und auch nicht die Realität, in der ich als Priester und Pfarrer leben möchte oder könnte.
Gerade die zurückliegenden Monate, gerade die Zeit der Pandemie, die noch lange nicht zu Ende ist, macht uns doch allen deutlich, dass wir als Kirche, konkret als Pfarrgemeinde Evangelium und Sakramenten nur dann leben können, wenn wir alle miteinander dafür Sorge tragen, uns alle dafür einsetzen und miteinander Verantwortung übernehmen.
Wir können nur in einem ‚pastoralen Miteinander‘ Christen sein und ich bin als Priester und Pfarrer sehr dankbar für alles geschwisterliche Miteinander, das ich in unserer Pfarrei erlebe.
Lassen wir uns nicht entmutigen! Weder durch Corona-Beschränkungen noch durch Instruktionen, auf die wir ebenso gut verzichten könnten.
Es freut mich sehr, dass dieser Pfarrbrief zum Patronatsfest ‚Mariä Aufnahme in den Himmel‘ erscheint! Ein Fest, das Hoffnung macht und Zuversicht verbreitet: Maria, die Mutter des Herrn, die Schwester im Glauben, die zum Bild der Hoffnung und des Trostes für uns wird.
Ich grüße Sie und Euch dankbar und herzlich und wünsche: bleibt behütet!
Christian Böckmann, Pfr.
„Du strahlst im Glanz der Sonne,
Maria hell und rein;
von deinem lieben Sohne
kommt all das Leuchten dein.
Durch diesen Glanz der Gnaden
sind wir aus Todes Schatten
kommen zum wahren Schein“
(Johann Khuen, 1638)
[1] https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2020/2020-07-20_Instruktion-Die-pastorale-Umkehr-der-Pfarrgemeinde.pdf